Kategorie-Archiv: Vorwärts

Berlin – Lviv

Busschild
ZOB Berlin, es hagelt. “Tscheres tritsatch minut” sagt der Busfahrer am Telefon.
Zweie sitzen auf der Busbahnhofsbank, die letzte Sportzigarette ist weggeraucht, eine Mülltonne wird vorbeigeschoben.
Der Bus scheint überbucht zu sein. Russisch, Ukrainisch, Deutsch. Reihenfolge bedingt durch die Menge der Wortfetzen in jeweiliger Sprache. Die Sitzlehnen sind eindeutig zu kurz. Der Kopf ragt über und der Hals schmerzt nach wenigen Minuten in zurückgelehnter Haltung. Das Wetter ist ausreichend gut, perfektes Busreisewetter. Weiterlesen

Von Zweien, die auszogen

Die letzten Erledigungen vollbracht. Was jetzt schiefgeht, musste schiefgehen. Was jetzt noch fehlt, wird nicht gebraucht. Koffer gepackt, Kühlschrank abgetaut, Stecker raus, Nachsendeauftrag. Morgen gehts also los ins augenscheinliche Krisengebiet, mittendrin statt nur im Internet und noch viel weiter. Die nächste Meldung und die ersten Bilder dann schon aus der Ukraine.

Zwei Stunden vor Abfahrt:

Die Reise zur Reise

Bus Berlin-Lemberg: Check. Flieger von Sotchi nach Erewan: Check. Flieger von  Baku nach Taschkent: Check. Billiger und einfacher als gedacht. Alles andere dann auf Zuruf. Treiben lassen in den Grenzen von Flugplänen und internationalen Visabestimmungen. “Jens, wie kommen wir eigentlich nach Baikonur?” “Am Bahnhof gucken, wann ein Zug fährt, dann einsteigen.” Ich bin gespannt. FSME-Schutzimpfung nicht vergessen. Motivationsschreiben für die Botschaft. “Nein, wir nehmen keinen Gyrocopter mit.” “Aber der ist zerlegbar!”  Handy-Navigation wird nicht funktionieren oder zu teuer sein, also: Landkarten kaufen. Gewohnheiten auf Mitnahmefähigkeit überprüfen. Cool bleiben. Vielleicht doch nicht auf die Krim fahren.

Krim oder nicht Krim

!!!BIDL
Während Russlands Militär die Krim besetzt bzw. die öffentliche Ordnung auf der Halbinsel sicherstellt, sitzen wir in einem Friedrichshainer Cafe und füllen Visaanträge aus.
Nachdem wir uns durch Ho(r)den von Vollbärtigen in Silberleggins, spanische Touristengruppen und vereinzelt auch Werktätige gekämpft haben, sind wir nun zum Glück keine Australier, denn sonst bräuchten wir einen lückenlosen Lebenslauf in kyrillisch, um nach Russland einreisen zu dürfen. Unser Pass reicht. Deutsche Pässe, ein paar biometrische Bilder, mehrsprachige Formulare und eine zuvorkommende Sekretärin im “Fettes Brot”- T-Shirt in der Visaagentur – wenn wir das tatsächlich alles genehmigt bekommen und in all diese Länder rein und auch wieder raus dürfen, dann können wir uns wohl als ausgewiesene Fachmänner für Visa- Angelegenheiten ostwärts von Deutschland bezeichnen. Und drei Kreuze machen.

berlinsimferopol

Berlin – Simferopol

Nach 42 Stunden Zugfahrt endlich eine Tasse Instantkaffee 20 Meter vom schwarzen Meer entfernt am östlichen Rand der Krim. Der Kaffee schwarz, das Meer nicht, es schimmert bläulich grau.

06.11., Berlin HBF (tief) – Mit dem Zug von Berlin auf die Krim ist zuvörderst ein Abenteuer auf 1,5 qm Schlafwagenzelle. Die Betten dreifachgestockt, keiner spricht Deutsch oder Englisch. Warum auch. Der Zug ist zusammengestückt aus Wagons diverser osteuropäischer Staatsbahnen, das verraten die rostblasigen Embleme. Wir sitzen im ältesten von allen, der am weitesten fährt. Obwohl wir noch nicht losgefahren sind, haben wir bereits 25 Minuten Verspätung. Die Wagonmatroschka lacht: Speisewagen? Es gibt keinen Speisewagen. Zum Glück sind wir zuerst zu Penny. Von draußen schauen ICE- Deutsche in unseren Wagon und lächeln über die armen Seelen, die in Zügen aus Zeiten der DDR in Zeiten vor der DDR zu fahren scheinen. Wir sitzen mittendrin und trinken schon vor der Abfahrt Schnaps. Noch 42 Stunden. Weiterlesen